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Expertenwissen über Batterie-Management-Systeme

Was verstehen wir unter einem Akkupack?

Ein Akkupack ist eine wiederaufladbare Batterie, die aus parallel und/oder in Reihe geschalteten Zellen in Kombination mit einem Batterie-Management-System besteht. Die Zellen und das Batterie-Management-System werden inklusive aller Anschlüsse in einem Batteriegehäuse zusammengefasst, das im einfachsten Fall ein Schrumpfschlauch sein kann, üblicherweise aber aus einem festen Kunststoffgehäuse besteht.

Was ist ein Batterie-Management-System?

Als zentrales Element im Akkupack überwacht und regelt das Batterie-Management-System (BMS) nicht nur Spannung, Strom und Temperatur, sondern sorgt auch für das optimale Zusammenspiel zwischen den Zellen. Das BMS ist mehr als eine reine Schutzbeschaltung für den Akkupack. Es kann auch zentrale Funktionen der Endapplikation übernehmen. Bei den Sicherheitsfunktionen des BMS unterscheidet man in 1st Level Protection und 2nd Level Protection.

Die 1st Level Protection ist eine wiederherstellbare (reversible) Schutzeinrichtung. Sie überwacht die Spannungen der Einzelzellen und des Akkupacks, den Lade- und Entladestrom sowie die Temperatur. Liegt einer der Parameter außerhalb der Grenzwerte, verhindert das BMS das weitere Laden oder Entladen.

Die 2nd Level Protection ist im Gegensatz zur 1st Level Protection ein irreversibler Schutz: einmal ausgelöst ist der Akkupack für den Kunden nicht mehr verwendbar. Ein Beispiel für eine 2nd Level Protection ist eine Schmelzsicherung.

Weitere Informationen zu Batterie-Management-Systemen

Was bietet ein Batterie-Management-System?

Intelligente Batterie-Management-Systeme (BMS) bieten:

Sicherheit

Zweifache Absicherung durch reversible und irreversible Schutzeinrichtung, Schutz vor schädlichen Temperaturen sowie Umsetzung der Funktionalen Sicherheit. 

Zuverlässigkeit

Die Langlebigkeit des Produktes wird durch beste Qualität der Leiterplatten und Komponenten garantiert. Außerdem sorgt Cell Balancing für die beste Kapazitätsausnutzung

Komfort

Ein integrierter Laderegler erspart ein Ladegerät. Über ein BUS-System ist eine einfache Datenaulese möglich. Durch Gas Gauging kann die anwendungsspezifische Gesamt- und Restkapazität ganz bequem bestimmt werden.

Widerstandsfähigkeit

Ein hochwertiger Schutzlack ermöglicht es, den Akku im rauen Klima einzusetzen. Außerdem sorgt ein ESD- und EMV-gerechtes Design dafür, dass die Bauteile keinen Schaden nehmen.

Wie ist die Sicherheit der Zellen gewährleistet?

Einen „Thermal Runaway“ bezeichnet einen sich selbstverstärkenden Prozess. Dabei erzeugen die ab einer bestimmten Temperatur einsetzenden Zersetzungsreaktionen so viel Energie, dass es im schlimmsten Fall zu einem gewaltsamen Bersten führt. Dieser Effekt ist nicht  aufhaltbar sobald einmal eingetreten. Das Eintreten eines kritischen Zustandes, beispielsweise hervorgerufen durch einen äußeren Kurzschluss oder ein Überladen, wird effektiv durch das Batterie-Management-System verhindert. Aber auch die Zelle selbst unterbindet diese Unsicherheiten durch verschiedene Maßnahmen:

Positive Temperature Coefficient, PTC

Ein Kaltleiter / PTC ist ein wärmeabhängiger Widerstand, der bei zu hohem Strom auslöst und den Stromfluss reversibel minimiert.

Current Interrupt Device, CID

Ein CID bewirkt, dass sich im Falle eines Fehlgebrauchs eine stromführende Brücke irreversibel verformt, sodass der Stromfluss unterbrochen wird.

Aufschmelzender Separator

Eine eher neue Methode ist ein aufschmelzender Separator. Der Separator besteht aus zwei unterschiedlichen Kunststoffen, die beide porös sind. Einer der beiden Kunststoffe schmilzt im Falle einer Übertemperatur und füllt dadurch die Lücken des anderen Kunststoffes, was wiederum dazu führt, dass der Stromfluss minimiert wird oder zum Erliegen (shut down) kommt.

Sicherheitsventil

Ein Sicherheitsventil ist eine Sollbruchstelle, die bei einem durch Temperaturentwicklung verursachten Druckanstieg aufbricht und ein kontrolliertes Abblasen des Elektrolytgases ermöglicht. Dies verhindert ein gewaltsames Bersten. 

Welche Funktionen hat ein Batterie-Management-System?

Außer den Schutzfunktionen sind weitere Funktionen im BMS möglich. Diese Funktionen dienen weniger zur Sicherheit, als vielmehr der optimalen Kapazitätsausnutzung, der Verlängerung der Lebensdauer oder der Kapazitätsanzeige für den Kunden.

Cell Balancing

Das Cell Balance wird bei Akkupacks mit mehr als einer seriell verschalteten Zelle eingesetzt, um die Zellen bzw. die Ladezustände in einem ausgeglichenen Zustand zu halten. Insbesondere sollen durch das Cell Balance Ladezustände, die durch unterschiedliche Temperaturen und Innenwiderständen entstehen, ausgeglichen werden. Es verhindert ein frühzeitiges Abschalten des Akkupacks durch Unter- oder Überspannung einer Zelle, wobei die schwächste Zelle die Leistung des Gesamtsystems bestimmt.

Gas Gauging

Um die Kapazität des Akkupacks zu bestimmen, verfügt ein BMS über ein Gas Gauge System. Das Gas Gauge ermittelt die Gesamtkapazität und die noch zur Verfügung stehende Restkapazität. Es ist die wohl aufwendigste der zur Verfügung stehenden Funktionen. Um möglichst genaue Ergebnisse zu erzielen, muss es passend zur Applikation entwickelt werden. Dabei sind insbesondere das Stromprofil der Endanwendung und das Nutzerverhalten relevant.

BUS-Systeme

Zum Auslesen der Daten steht dem Akkupack ein BUSSystem zur Verfügung. Die gängigsten BUS-Systeme sind I2C, SMBus, CAN, LIN oder RS232, wobei auch alle andern Busse möglich sind.

Ladeteile

Bei Systemen geringer Leistung kann es sinnvoll sein, den Ladeteil für den Akkupack auf dem BMS zu integrieren. Dies hat den Vorteil, dass der Lader im Falle eines Zellwechsels mit angepasst werden kann und somit eine Rückwärtskompatibilität zu älteren Systemen immer gewährleistet ist. 

Systemfunktionen

Bei Systemen, in denen der Akku das zentrale Element ist, können Systemfunktionen in den Akku verlegt werden. Dadurch kann eine zweite Intelligenz (Mikrocontroller) im System eingespart werden. Beispielsweise werden Motorsteuerung und Akkuschutzbeschaltung im Akku vereint. Dies erspart den Steuer-Mikrocontroller (μC) und die doppelte Ausführung der Leistungs-FETs (FET = Feldeffekttransistoren).

Welche Normen und Zulassungen gilt es zu beachten?

Für Lithium-basierte Batteriesysteme sind diverse Zulassungen und Normen möglich, die je nach Anwendung und Verkaufsgebieten relevant sein können. 

UN 38.3 Transporttest

Alle Lithium-basierten Akkupacks müssen im UN Transporttest qualifiziert werden, um die Zulassung zum Transport auf Straße, Schiene, Binnen-/Hochseeschifffahrt und Luft zu erhalten. Akkupacks mit Kapazitäten nicht größer als 100 Wh können nach bestandenem UN Test einfacher transportiert werden. Akkupacks über 100 Wh werden immer als Gefahrgut der Klasse 9 versandt. Im UN Test werden u.a. Vibration, Schock, Temperaturwechsel, Höhensimulation, Kurzschluss und Überladung getestet. Ohne bestandenem UN Test, ist ein Transport nicht gestattet. Die einzige Ausnahme: Während der Evaluierung können für Testzwecke bis zu 100 Akkupacks als Gefahrgut in einer Holzkiste transportiert werden. Eine Zulassung nach UN muss dann vorhanden sein, wenn mehr als 100 Akkupacks verschickt werden oder Akkupacks an den Endkunden versandt werden. Die Zulassung wird auf das Produkt und die Produktionsstätte vergeben. Für diesen Test werden acht Muster benötigt.

IEC 62133

Die Zulassung IEC 62133 ist eine internationale Norm für tragbare wiederaufladbare Batterien. Eine Zulassung mit CB Report ist nicht vorgeschrieben, sofern es von einer Gerätenorm nicht explizit verlangt wird. Viele weitere Normen (z.B. 60601 Medizin) verlangen für Akkupacks die Zulassung nach IEC 62133. Für diesen Test werden 13 Muster benötigt.

UL62133

Die UL62133 ist die nordamerikanische Harmonisierung der IEC 62133 und für alle interessant, die eine Markteinführung in Nordamerika planen. Mit der Zulassung nach UL 62133 kann auch der CB Report für IEC 62133 erlangt werden. Bei einer Zulassung durch die Underwriters Laboratories (UL) ist zur Aufrechterhaltung des Zertifikats eine quartalsmäßige Fertigungsinspektion notwendig. Zusätzlich muss jährlich ein Muster zur Nachqualifikation zur UL gesendet werden. Für diesen Test werden 25 Muster benötigt.

UL2054

Die UL 2054 war vor der Harmonisierung der IEC 62133 die einzige Möglichkeit für eine UL Zulassung von Batterien. Sie unterscheidet sich vor allem darin, dass auch Tests an Akkupacks mit eingebautem Erstfehler durchgeführt werden, was den zeitlichen und finanziellen Aufwand deutlich erhöht. Ein Erstfehler ist beispielsweise ein überbrückter Schutz-FET. Für diesen Test werden ca. 55 Muster benötigt.

Funktionale Sicherheit

Wir setzen die Funktionale Sicherheit nach der IEC 61508 und deren anwendungsspezifischen Tochternormen um (u. A. ISO 13849 für Maschinen / Anlagen, ISO26262 für Automobile und Motorräder). Die Umsetzung der Funktionalen Sicherheit dient im Produkthaftungsfall gemäß ProdHaftG dem Nachweis der Entwicklung nach dem aktuellen Stand der Technik. Die Umsetzung beginnt mit der Identifikation und Quantifizierung von potenziellen Risiken durch Fehlfunktionen des betrachteten Systems. Anhand des potenziellen Risikos werden technische und methodische Maßnahmen in der Entwicklung umgesetzt, um den Nachweis der Funktionalen Sicherheit zu erbringen.

Wie wir Sie bei Ihrem Projekt unterstützen?

Als Ihr Elektronikpartner bieten wir Ihnen ein Rundumpaket. Von der Beratung über die Entwicklung bis hin zur Serienfertigung, auf dem Weg zum erfolgreichen Produkt unterstützen wir Sie flexibel und kompetent. Alle Informationen zu unseren Leistungen als Ihr Projektpartner finden Sie hier: 

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